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Wellenform (Waveform) anstelle Histogramm in der Fotografie?

veröffentlicht am 02.02.2025 in * BILDBEARBEITUNG * PROGRAMME * SOFTWARE *

Inhaltsverzeichnis

 

Aus der Versionsankündigung zu Version 5.0 von darktable ist zu ersehen, daß in der Dunkelkammer nunmehr der standardmäßige Modus für neue Installationen von Histogramm auf Wellenform umgestellt wurde. Was hat es mit dieser Form der Darstellung von Farb- und Helligkeitswerten auf sich?

Wertebereiche der Pixelwerte und deren Darstellung

Praktisch jedes Programm zur Bildbearbeitung bringt eine oder mehrere Darstellungsformen mit, anhand derer die Wertebereiche der im Bild vorhandenen Pixel angezeigt werden können. Das hilft bei der Beurteilung des Helligkeitsumfangs des Bildes, insbesondere auch zum Erkennen von Über- oder Unterbelichtungen in Teilen des Bildes. Diese Darstellung kann unterschiedlich erfolgen:

Histogramm

Das Histogramm zeigt die Helligkeitsverteilung der Pixel für jeden Farbkanal. Die horizontale Achse verläuft von 0 % bis 100 % der Lichtwerte für jeden Kanal. Die vertikale Achse gibt die Anzahl der Pixel mit der jeweiligen Helligkeit wieder.
Diese Form der Darstellung findet sich in den meisten Bildbearbeitungsprogrammen und ist auch der Standard in der Bildkontrolle, tlw. auch Bildvorschau, der gängigen Kameras. =Bildbeschreibung= Mehr dazu im nächsten Hauptabschnitt.

Wellenform (Waveform)

Das Waveform-Histogramm zeigt ähnliche Daten wie das Histogramm, doch zeigt es die Daten in einem räumlichen Kontext.
Im “normalen” horizontalen Waveform-Histogramm repräsentiert die horizontale Achse des Histogramms die horizontale Achse des Bildes. D.h. die rechte Seite des Waveform-Histogramms stellt die rechte Seite des Bildes dar und die linke Seite des Histogramms die linke Seite des Bildes. =Bildbeschreibung= Auch hierzu folgt eine ausführliche Darstellung im nächsten Hauptabschnitt.

RGB-Parade

Die getennten RGB-Kanäle (RGB-Parade) zeigen die gleichen Daten wie das Waveform-Histogramm, doch werden die Rot-, Grün- und Blaukanäle nebeneinander angezeigt. Insofern ist das nichts wirklich Neues und es wird hier auf eine ausführlichere Darstellung verzichtet. =Bildbeschreibung=

Vektor-Scope

Der Vektor-Scope zeigt Chromatizität ohne Bezug zu Helligkeit oder der räumlichen Anordnung der Pixel.
Die Distanz vom Zentrum der Grafik repräsentiert Chroma und der Winkel repräsentiert den Farbton. Teile der Grafik sind eingefärbt abhängig von der Chromazität und der Farbe zu welcher sie im Bild gehören. Auch diese spezielle Form der Darstellung von Pixelwerten soll hier nicht weiter erörtert werden. =Bildbeschreibung=

Histogramm vs. Wellenform (Waveform)

Die Diagramme und ihre Achsen(beschriftungen)

Um die weiteren Darstellungen verständlicher zu machen, sollen hier einmal klar und ausführlich die beiden im folgenden behandelten Diagramme beschriftet gezeigt werden. Zunächst das Histogramm:

=Bildbeschreibung=

Und nun das Wellenform-Diagramm mit Achsenbeschriftungen. Im Gegensatz zum Histogramm spielt hier aber auch die Intensität im “Gemälde” eine Rolle: diese repräsentiert die Anzahl der Pixel, die an einem bestimmten Ort (x-Achse) mit einer bestimmten Helligkeit (y-Achse) vorhanden sind.

=Bildbeschreibung=

Zu ihrer Ausführung der Wellenform-Darstellung schreibt das darktable-Team ergänzend:

Die vertikale Achse repräsentiert die Verteilung der Pixel durch Licht für jeden Kanal – die dicke punktierte Linie oben zeigt 100 % Helligkeit an. Werte darüber werden ausgebrannt sein. Die punktierte Linie in der Mitte zeigt 50 % Helligkeit und der unterste Teil der Wellenform zeigt 0 % Helligkeit an.

Das heißt: wer ausgebrannte Bildbereiche vermeiden will, sollte sich in der Wellenform-Darstellung an der oberen gepunkteten Linie als Grenze orientieren.

Beispielgrafiken zur Demonstration

Mittels Gimp habe ich mir zwei Arten von Grafiken “gebaut”:

Grau- und Farbverläufe

Zunächst einmal verschiedene Verläufe (Grauverlauf und jeweils die Farben rot, grün und blau):

=Bildbeschreibung=

Im ersten Schritt habe ich daraus den schwarz/weißen Verlauf näher betrachtet:

=Bildbeschreibung=

Das in Gimp erstellte Histogramm zeigt sich gleichmäßig über den gesamten Helligkeitsbereich ausgeschrieben, denn bei einem gleichmäßigen Verlauf sind im Bild Pixel aller Helligkeitsstufen gleich oft vertreten:

=Bildbeschreibung=

Das Waveform-Diagramm in darktable zeigt demgebenüber eine ansteigende Gerade, denn hier bildet sich der Verlauf der Helligkeit von links nach rechts direkt ab:

=Bildbeschreibung=

Betrachtet man nun einen reinen Farbkanal (hier: rot)

=Bildbeschreibung=

so zeigt sich auch hier diese ansteigende Gerade:

=Bildbeschreibung=

Grautreppe - horizontal und vertikal

Die zweite in Gimp erzeugte Grafik zur Demonstration der Funktion (und der Unterschiede) von Histogramm versus Wellenform-Darstellung besteht aus einer Grautreppe.

Hier zunächst die Variante mit einer horizontal abgestufter Helligkeit:

=Bildbeschreibung=

Das Histogramm zeigt bei den jeweiligen Helligkeitsstufen jeweils vertikale Linien - wenn wie hier die jeweiligen Farbflächen alle gleich groß sind, dann sind die Linien ebenfalls gleich hoch, denn sie repräsentieren jeweils eine gleiche Anzahl von Pixeln im Bild:

=Bildbeschreibung=

Auch hier sieht man im Wellenform-Diagramm schön die Ortsabhängigkeit der Darstellung:

=Bildbeschreibung=

Von links nach rechts springt die Helligkeit jeweils an der Übergangs-Kante des jeweiligen Graubalkens zum nächsten um eine Stufe nach oben (hier bei insgesamt 9 Balken in 12,5%-Schritten).

Anders sieht es aus, wenn man die Grautreppe um 90° dreht.

=Bildbeschreibung=

Das Histogramm sieht immer noch gleich aus - hier ist es definitionsgemäß gleichgültig, wo die Pixel sich befinden, es kommt nur auf die reine Anzahl an.
Anders aber die Wellenform-Darstellung:

=Bildbeschreibung=

Auch hier sind wieder in denselben Höhen wie bei der oben gezeigten Treppe Linien zu sehen, doch diesmal verlaufen sie über die gesamte Breite des Diagramms, denn jeder einzelne Balken jeder Helligkeitsstufe verläuft ja auch über die gesamte Bildbreite.

Interpretation an Bildern mit realitätsnahen Motiven

Hierfür nutze ich zwei ganz aktuelle Fotos vom gestrigen Tag - zur Erleichterung der Zuordnung insbesondere beim Wellenform-Diagramm (Waveform) sind Foto und die beiden Diagramme auf eine einheitliche Breite skaliert.

Bild 1: Blaumeise am Waldrand

Blaumeise als Demo-Bild

Das Histogramm zeigt, daß die Zahl der Pixel im Bild, die eher dunkle Bildinhalte darstellen, deutlich höher ist als diejenigen mit hellen Werten (höhere Werte in der linken Hälfte des Diagramms, betrifft alle Farben, wenn auch unterschiedlich gewichtet).

=Bildbeschreibung=

Ansonsten habe ich, um die Struktur der Federn im Gesicht nicht allzusehr zu verlieren, die Helligkeit des Bildes nicht ganz “auf Maximum” hochgedreht.

Nun zum Wellenform-Diagramm: In der darktable-Dokumentation findet sich dieser Absatz:

Die Helligkeit jedes Punktes in der Wellenform zeigt die Anzahl der Pixel in dieser Position (die horizontale Achse), die diese Helligkeit haben (die vertikale Achse). Je heller der Punkt, umso mehr Pixel in diesem Punkt haben diese Helligkeit.

=Bildbeschreibung=

  1. Die sehr ausgeprägten etwas wellenförmigen Bänder in der ganzen Breite des Diagramms im unteren Bereich repräsentieren den eher dunklen Hintergrund.
  2. Das Maximum dieser kräfigen Linien bei ca. 35% vom linken Rand und dann wieder der Anstieg im rechten Viertel des Diagramms kann den Bereichen des Hintergrundes zugeordnet werden, an denen Restlicht der Sonne zur Aufhellung beiträgt.
  3. Das in der Höhe ausgeprägte Maximum mit schwächer markierten Punkten (also in der Anzahl weniger häufig vorkommenden Bildpunkten) zwischen 35% und 55% vom linken Rand läßt sich eindeutig der Meise zuordnen, diese sitzt quasi “im Spot des Bühnenscheinwerfers”, der Sonne.
  4. noch schwächer (also mit noch weniger zugehörigen Bildpixeln) bilden sich die helleren Bereiche (die aber nicht ganz die Helligkeit des Vogels erreichen) zwischen 25% und 85% vom linken Rand ab. Diese Werte zeigen den dünnen, aber relativ hellen Zweig von links unten nach rechts oben an.

Bild 2: Falke vor hellem einfarbigem Himmel

Falke vor einfarbig klarem Himmel

Hier zunächst wieder das “gewöhnliche Histogramm”:

=Bildbeschreibung=

Dieses weist drei ausgeprägte schmale Maxima aus, jeweils eines für die Farben rot, grün und blau - mit diesen Helligkeiten gibt es sehr viele Pixel im Bild. Ansonsten verläuft die Verteilung der Helligkeiten relativ gleichmäßig, mangels reinem Weiß besteht am rechten Rand eine kleine Lücke bis zum Ende der Achse.

Nun das Wellenform-Diagramm:

=Bildbeschreibung=

Erinnern wir uns nochmal an den Absatz in der darktable-Dokumentation:

Die Helligkeit jedes Punktes in der Wellenform zeigt die Anzahl der Pixel in dieser Position (die horizontale Achse), die diese Helligkeit haben (die vertikale Achse). Je heller der Punkt, umso mehr Pixel in diesem Punkt haben diese Helligkeit.

Betrachtet man unter diesen Aspekten das obige Bild, dann wird klar:

  1. Über die gesamte Breite des Bildes dominiert der einfarbige Himmel. Daraus ergeben sich die drei sehr kräftigen Linien, aus deren Lage (blau am hellsten, grün und rot dunkler) sich die Farbe des Himmelsblau ergibt. Im Gegensatz zum Histogramm läßt sich hier sehr eindeutig die Farbe dem Ort im Bild zuordnen.
  2. alle drei Linien weisen eine leichte Krümmung mit dem Scheitel in der Bildmitte auf - das zeigt eine leichte Vignettierung an, der Himmel an den Bildrändern ist dunkler als in der Bildmitte.
  3. Alle anderen Bestandteile des Diagramms sind deutlich schwächer dargestellt - für diese Werte gibt es jeweils relativ deutlich weniger Pixel im Bild. Auch das ist klar, nimmt doch der Himmel den Großteil des Bildes ein.
  4. Das rote Helligkeitsmaximum bei 40% der Diagrammbreite vom linken Rand an gerechnet läßt sich dem sonnenbeschienenen rotbraunen Rückengefieder des Falken zuordnen. Die Helligkeitswerte hier liegen geringfügig unter der gestrichelten waagerechten Linie, die 100% Helligkeit darstellt.
  5. Bei 15% und 30% vom linken Rand finden sich deutliche Helligkeitsminima im Diagramm (bogenförmige Struktur am unteren Diagrammrand). Schaut man sich das Motiv an, dann handelt es sich hier um die annähernd schwarzen (Schatten-) Bereiche unter dem Schwanz des Falken sowie unter dem “Astknoten” des Baumes.
  6. Das schwach ausgeprägte “Farbrauschen” im Diagramm in dessen linken Drittel geht auf das Konto der Aststrukturen.

Zusammenfassung/Fazit:

Ist nun die Welllenform-Anzeige das Mittel der Wahl? Nicht unbedingt, denn:

Für die Auswertung der Bildwerte eines Fotos gibt es drei Parameter:

Ein herkömmliches Histogramm wertet die Helligkeit der Bildpunkte aus und gruppiert die Punkte gleicher Helligkeit auf einer Diagrammachse, zeigt also die Anzahl der Punkte gleicher Helligkeit auf der anderen Diagrammachse.
Aber: das Histogramm liefert keinerlei Information zum Ort der betreffenden Bildpunkte.

Das Wellenform-Diagramm zeigt ebenfalls die Helligkeit der Bildpunkte an, gruppiert diese aber nach dem Ort der Bildpunkte in der horizontalen Richtung. Im Gegensatz zum normalen Histogramm, das das dritte Kriterium (dort den Ort) überhaupt ignoriert, zeigt das Wellenform-Diagramm das dritte Kriterium (hier die Anzahl der Bildpunkte gleicher Helligkeit) in der Weise an, daß die Anzeige umso intensiver wird, je mehr Bildpunkte am selben Ort dieselbe Helligkeit aufweisen.

Unter’m Strich gilt auch hier wieder: es kommt darauf an …
Mit den oben dargestellten Kenntnissen kann man aber je nach Anwendungsfall die passende Darstellung wählen, in darktable ist die jeweils passende Darstellungsform ja nur einen Mausklick entfernt …

Literaturhinweise

  1. Waveform-Displays – Was sind sie und wollen wir sie haben? | DOCMA
  2. Of Histograms and Waveforms | darktable
  3. Why Waveforms Beat Histograms and Why Still Cameras Should Use Them | PetaPixel
  4. Scopes: Waveform & Co | Movie-College
  5. Lumetri-Scopes in Premiere Pro | Adobe
  6. How to understand waveform and vector displays | Redshark
  7. An Introduction to Waveforms, Scopes, and Exposure | B&H eXplora

1663 Worte - Lesezeit: 8 Minute(n)

 

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