Negative scannen im nichtdestruktiven Workflow
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Negative scannen im nichtdestruktiven Workflow

Inhaltsverzeichnis

 

Die folgenden Darstellungen beruhen auf Vuescan Version 9.6.01

In diesem Tutorial werden anhand von Screenshots und Beispielbilderndie Arbeitsschritte gezeigt, wie die auf der Seite über Negativfilme beschriebene Arbeitsweise praktisch umgesetzt werden kann.

Teil 1: Erstellung der Rohdaten

Um gescannte Bilder im nichtdestruktiven Workflow verwenden zu können, müssen die Scanner-Ausgangsdaten möglichst vollständig und unverfälscht vorliegen. Neben den Daten der Farbkanäle RGB liefern viele Scanner auch Daten eines Infrarot-Kanals, um aus diesen Daten Schadstellen (Kratzer, Staubkörner etc.) auf dem Film erkennen und durch geeignete Maßnahmen verschleiern zu können.

Für dieses Tutorial verwende ich Vuescan, um den Scanner anzusteuern und die Rohdaten abzuspeichern.

Grundeinstellungen

Zunächst werden alle Einstellungen über den Menüeintrag Datei - Standardeinstellungen zurückgesetzt. Im Karteikartenreiter “Ergebnis” werden alle Optionen deaktiviert außer “Raw-Datei”, die aktiviert wird. In den nun eingeblendeten Optionen kann u. a. das Dateiformat definiert werden (ich verwende für meinen Nikon Coolscan hier 64bit RGBI, d. h. 3x16bit für RGB sowie 16bit für den IR-Kanal), ebenso der File-Name.

Grundeinstellungen für Abspeichern von Rohdaten

Im Kartenreiter “Zuschnitt” wird die Ausschnittsgröße zunächst auf “Maximal” eingestellt. Dadurch wird erreicht, daß auch die unbelichteten Stege zwischen den Aufnahmen im Scanfenster sichtbar werden.

Maximaler Ausschnitt

Film-spezifische Einstellungen

Auch beim Scannen in Rohdaten muß dafür gesorgt werden, daß die “Beleuchtung” des Filmmaterials so ausfällt, daß der maximale Kontrastumfang aus dem Filmmaterial entnommen werden kann. Daher entspricht der erste Schritt des eigentlichen Scanvorgangs demjenigen, den ich auch im Tutorial über konventionelles Scannen beschrieben hatte: Festlegung der Belichtung.

Dazu wird ein Vorschauscan durchgeführt, ein Stück unbelichtetes Filmmaterial ausgwählt und die entprechende Option im Karteikartenreiter “Quelle” aktiviert:

Filmbelichtung ermitteln und fixieren

Die ermittelten Werte für RGB- und Infrarotbelichtung werden dann eingeblendet.

Der Scan würde so aussehen: RAW-Scan des Negativs mit Grundeinstellungen

Der folgende Abschnitt trifft nur für Nikon-Scanner zu

Nach einem weiteren Vorschau-Scan wird die Filmgrundfarbe zunächst fixiert, um im Kartei-Reiter “Farbe” die Werte für die Filmgrundfarbe (rot, grün, blau) ablesen zu können.

nur Nikon: Filmgrundfarbe halten

nur Nikon: Faktoren für Filmgrundfarbe ablesen

Aus diesen Werten werden die Korrekturfaktoren für die sog. Analogverstärkung im Kartei-Reiter “Quelle” ermittelt:

nur Nikon: Analogverstärkung berechnen

mit den Berechnungsformeln:

D4 = MAX($B$4;$B$5;$B$6) / B4
D5 = MAX($B$4;$B$5;$B$6) / B5
D6 = MAX($B$4;$B$5;$B$6) / B6

nur Nikon: Analogverstärkung eintragen

Soweit der Nikon-spezifische Teil.

Mit den so gefundenen Scannereinstellungen kann nun der Film gescannt werden.

Teil 2: Umwandlung der Negative in Positiv-Bilder

Hier kommt die Open-Source-Workflow-Software darktable zum Einsatz.

Vorbemerkungen

Dieses Programm hat etliche Eigenschaften, die es wie geschaffen machen für die beschriebene Verfahrensweise:

Die grundlegenden Arbeitsschritte

  1. Bilder importieren
    Die Bilder werden aus dem Verzeichnis, in das Vuescan diese gespeichert hat, eingelesen.

  2. Invertieren
    Ein Bild, am Besten eines mit einer Szenerie bei Tageslicht und mit Neutraltönen im Motiv, wird in der Dunkelkammer geöffnet.
    Das Modul “Invertieren” bietet eine Pipette an, ein Klick darauf ermöglicht es, einen Auswahlrahmen auf dem unbelichteten Steg zwischen zwei Aufnahmen aufzuziehen: Orangemaske bestimmen und Bild invertieren

  3. Bildausschnitt begrenzen
    Hier kommt es zunächst nur darauf an, die beiden unbelichteten Bereiche an den Bildenden “auszusperren”, diese werden jetzt nicht mehr gebraucht, verfälschen aber die Histogrammanzeige: Orangemaske bestimmen und Bild invertieren

  4. Basiskurve aktivieren
    Der Mensch nimmt Helligkeit anders (=nichtlinear) wahr als technische Geräte wie z. B. Digitalkameras oder auch analoger Film. Deshalb muß eine Anpassung durch eine gekrümmte Kennlinie, die sog. Basiskurve, erfolgen.
    Darktable bringt für Digitalkameras fertige Basiskurven mit, nicht aber für Negativfilm. Diese kann aber selbst erstellt werden, die Krümmung der Kurve für Negativfilm verläuft dabei logischerweise anders herum als bei den Digitalkameras. Das Bild wird deutlich dunkler. Basiskurve für Negativfilm einstellen

  5. Belichtung einstellen
    Im gleichnamigen Modul werden die Werte für “Belichtung” und “Schwarz” nach Histogramm eingestellt. Dabei kann es vorkommen, daß der Regler für “Schwarz” nicht den nötigen Einstell-Spielraum aufweist (der normale Einstellbereich endet bei 0,1). Ein Rechtsklick auf den Regler ermöglicht es, im aufgeklappten Feld größere Werte manuell einzugeben. Belichtung einstellen

  6. Weißabgleich
    In der Voreinstellung wird “manuell” ausgewählt und ein Auswahlrahmen auf einer neutralfarbigen Fläche, hier der grauen Hauswand, aufgezogen. Weißabgleich durchführen

Das Endergebnis

Nach einer evtl. kleinen Korrektur der Belichtung sieht das Ergebnis dann praktisch identisch mit dem nach dem herkömmlichen Verfahren erhaltenen Bild aus:

Ausgabe aus darktable basierend auf Rohscan

Resumee und Ausblick

Insbesondere in der linken oberen Ecke sind einige Kratzer und Staubkörner zu sehen. Dies liegt daran, daß das oben beschriebene Verfahren die reinen Rohdaten auf dem Rechner ablegt - genau das ist ja die Basis einer nicht-destruktiven Arbeitsweise.

Das gezeigte Verfahren hat aber auch zur Folge, daß der Film selbst “wenig-destruktiv” behandelt wird:

Durch das 4-kanalige Abspeichern der Scanner-Daten (3 Farbkanäle + IR-Kanal) in höchster Auflösung werden zwar riesige Dateien erzeugt (ca. 160MB/Bild), aber dafür kann dann, auch ohne das Original selbst zur Verfügung zu haben, ein “virtueller” erneuter Scan mittels Vuescan erzeugt werden, bei dem dann - je nach angestrebtem Verwendungszweck - die Einstellungen für

eingestellt werden können.

In darktable können dann auf die neu erzeugte Datei die (globalen) Einstellungen der Erstkonvertierung einfach übertragen (= kopiert) werden - das ist einfach und effizient.

 

 

 


zuletzt geändert am: 06.01.2018 - 851 Worte - Lesezeit: 4 Minute(n)