Verkaufszahlen 2022: Wohin entwickelt sich der Kamera-/Objektivmarkt?
veröffentlicht am 03.03.2023 in * FOTOTECHNIK *
Inhaltsverzeichnis
Später als sonst hat die CIPA (Camera & Imaging Products Association) die Dezemberzahlen 2022 (Produktion, Verschiffung und Preise) des Kameramarktes veröffentlicht.
Damit stehen auch die Zahlen für das Gesamtjahr 2022 fest. Hier sind weltweit die Stückzahlen für Systemkameras um 10,8% gestiegen (nach starkem Abfall im letzten Jahr) - bei den DSLR ein Rückgang von 17,3% zum Vorjahr, bei den Spiegellosen ein Anstieg um 31,1%. Während die Durchschnittspreise der DSLR dabei konstant blieben, wurden die Spiegellosen erneut deutlich teurer (einem Stückzahlanstieg von 31,1% steht ein Anstieg des Umsatzes von “nur” 61,3% gegenüber).
Auch weiterhin gilt insbesondere für die Spiegellosen: von einem (immer wieder herbeigeschriebenen) Preisverfall durch weitere Anbieter ist auch (noch?) nichts zu sehen, im Gegenteil: die Durchschnittspreise pro Stück steigen kräftig weiter …
Verschiffungsszahlen und Preise auf dem Kameramarkt
Bei den Auswertungen im Anschluß habe ich mich auf diese beiden Gruppen (Systemkameras) beschränkt, die Kompaktkameras bleiben wie bisher außen vor.
(Für analoge Kameras wird zwischen “FP-Shutter” (Focal Plane Shutter, der Schlitzverschluß zählt dazu) und “Lens Shutter” unterschieden, die Spiegelreflex-Modelle fallen in die erste Kategorie, auf die ich mich bei der Auswertung der Zahlen beschränkt habe)
Vergleiche zwischen Spiegelreflex- und Spiegellos-Zahlen
Verschiffungszahlen weltweit
Das Gesamtvolumen hat sich deutlich stabilisiert:
Der Verlust bei den DSLRs konnte im weltweiten Maßstab durch höhere Verkäufe im Bereich der Spiegellosen überkompensiert werden.
Diese Anstiege entfallen überdurchschnittlich auf Rest-Asien (außer Japan und China (50,7%)), deutlich geringer sind die Anstiege auf dem amerikanischen Kontinent (18%) und in China (23,5%). Europa und Japan bewegen sich im Welt-Durchschnitt.
Durchschnittsverkaufspreise weltweit
In der Preisentwicklung gibt es keine Neuigkeiten. Die Kamerapreise bei den Systemkameras entwickeln sich auseinander, bei den Spiegellosen sind deutlich Preisanstiege zu beobachten, den Spiegelreflex-Kameras sind heute die Durchschnittspreise - trotz leichtem Anstieg im vergangenen Jahr - nicht höher als vor 8 Jahren.
Das dürfte überwiegend daran liegen, daß die klassischen Montagekosten heute den geringsten Teil am Produktpreis ausmachen. Großer Faktor bei den Herstellkosten sind Bauteilekosten, aber vor allem die Fixkosten der Entwicklung.
Letztere sind bei DSLM extrem hoch. Der Spiegel ist ausentwickelt, der Aufwand für ein AF-Modul vergleichsweise überschaubar.
Aber: der Aufwand, ein “Fernsehbild” für den Sucher in Echtzeit ohne Stromverbrauch in hohen Wiederholraten zu erzeugen, damit man überhaupt was sehen kann im Sucher, da steckt eine Menge “Software-Geknautsche” in Kombination mit vergleichsweise teurer Hardware (Prozessor und Arbeitsspeicher) dahinter.
Und weil die Stückzahlen seit Jahren stagnieren im DSLM-Markt, die Zahl der Anbieter aber steigt, müssen logisch die Preise überproportional steigen, die Fixkosten müssen ja wieder reinkommen.
Verschiffungszahlen Europa
Auch in Europa haben sich die Verkäufe stabilisiert, einem leichten Rückgang bei den DSLR steht ein leichter Anstieg bei den Spiegellosen gegenüber, erstmals “seit Beginn der Aufzeichnungen” wurden hier mehr Spiegellose als DSLRs verkauft.
Durchschnittsverkaufspreise Europa
Auch bei der Preisentwicklung in Europa ergibt sich nix Neues: in den letzten 10 Jahren haben sich die durchschnittlichen Spiegellos-Preise auf das Zweieinhalbfache erhöht, die der DSLRs liegen dagegen nur knapp über dem Niveau von 2012.
Objektiv-Verschiffungszahlen:
Zunächst hier die rohen Zahlen, wie sie von der CIPA (Camera & Imaging Products Association) erfasst und veröffentlicht werden - mit einer Vorbemerkung: die differenzierten Zahlen nach Bildformat, Zoom und Festbrennweiten lagen zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung noch nicht vor.
Zahlen weltweit
Die Zahlen zeigen dieselbe Spitze im Jahre 2012 wie sie von den Kameraverkaufszahlen her bekannt ist. Weiters ist interessant, daß der steile Anstieg davor wie der ebenso steile Abfall danach i. W. auf das Konto der APS- (und kleiner) Zooms geht, es sich also wohl i. W. um Kitlinsen handelt, die mit den Kameras verkauft wurden. Demgegenüber liegen die Verkaufszahlen der Festbrennweiten unabhängig vom Sensorformat sowie der Vollformat-Zooms auch nach dem Maximum auf vergleichsweise konstantem Niveau - aber ein signifikanter (corona-bedingter?) Einbruch in 2020 ist natürlich nicht zu übersehen. Die Verschiffungszahlen der Objektive für kleine Bildformate hat sich im zweiten Jahr in Folge den Zahlen der Vollformat-Objektive auf fast gleichem Niveau weiter angenähert.
An dieser Stelle gibt es wenig Überraschendes: Vollformat-Objektive sind nun mal teuerer, in der Regel aus zwei Gründen: soliderer mechanischer Aufbau und größere, weil lichtstärkere Linsen. In den letzten beiden Jahren ist aber ein immer rasanter werdender Preisanstieg zu verzeichnen.
Die kleinen Objektive drücken aufgrund ihrer großen Zahl den Durchschnittspreis (rote Kurve) erheblich.
Aber: Mit abnehmenden Stückzahlen beginnen auch deren Preise (grüne Kurve) allmählich zu steigen.
Zahlen für Europa
Die Verschiffungszahlen nach Europa zeigen prinzipiell ähnliche Verläufe wie die weltweiten Zahlen: hohe Spitze bei den “kleinen Kit-Zooms”, vergleichsweise flache Verläufe bei Festbrennweiten und Vollformat-Zooms.
Auch in Europa nähern sich die Verschiffungszahlen für Vollformat- und APS/MFT-Linsen immer mehr an.
Es gilt hier das schon bei den weltweiten Zahlen Geschriebene.
Hinweise zu den Preisen
Wechselkurse
Im Folgenden soll für die Betrachtung der Preisentwicklung der Wechselkurs YEN - EUR berücksichtigt werden:
- 2012: 1 EUR entspr. rd. 100 YEN
- 2020: 1 EUR entspr. zwischen 114 und 126 YEN
- in 2022 fiel der YEN-Kurs von 122 auf 142 YEN für einen EUR.
Von einem Anstieg um 280% beim Durchschnittspreis einer Spiegellos-Kamera von 2012 bis Ende 2022 (Europa) bleiben nach Umrechnung in EUR immer noch 170% (also eine “Ver-2,7-fachung”) übrig.
Bezugsbasis
Die von der CIPA veröffentlichten Preise sind - wenn es um Produktionszahlen geht - die Ab-Werk-Versandpreise.
Beziehen sich die Preise auf die Verschiffungszahlen (und diese Preise habe ich hier in den Grafiken verwendet), dann sind damit die sog. Preise FOB gemeint:
Die Ware wird vom Hersteller zum angegebenen Preis im Verschiffungshafen bereitgestellt, die Ausfuhrformalitäten sind erledigt. Der Käufer hat den Transportvertrag auf eigene Kosten abzuschließen, hier fallen dann die Frachtkosten, Schiffsmaklerspesen und -provisionen, Umladekosten im Schiff (sog. Stau-Kosten) etc. separat an.
Bewertung
Insgesamt hat sich aus meiner Sicht nichts gegenüber der Analyse im letzten Bericht geändert.
Wie bereits oben geschrieben ist es kein Wunder, daß insbesondere die Preise der Spiegellosen weiter anziehen - wie sollte es auch anders sein, wenn ein schrumpfender Kuchen (Gesamt-Fotomarkt) auf immer mehr Akteure verteilt werden soll - die Aufwendungen für die Entwicklung fallen nun mal pro Kameratyp an und nicht pro verkauftem Stück. Kleinerer Anteil am Kuchen führt also zwingend zu höherer Umlage pro verkauftem Stück. Fallende Preise kann ich mir in einer solchen Marktsituation nur vorstellen, wenn einer oder mehrere der Akteure, die finanziell sehr gut aufgestellt sind, über eine gewisse Zeit “auf Verlust fahren”, um die Zahl der Anbieter zu “bereinigen”. Eine solche Preissenkung wäre aber nur von begrenzter zeitlicher Dauer.
CIPA:
Hintergründe
Die CIPA (Camera & Imaging Products Association) als internationaler Industrieverband führt seit vielen Jahren Statistiken, seit 2012 listet sie nicht nur System- und Kompaktkameras getrennt auf, sondern unterscheidet auch zwischen Reflex- und Spiegellos-Systemkameras.
Zugegebenermaßen ist die Zusammensetzung sehr Japan-lastig, aber die Hauptakteure im Kamera-Bereich sind auch alle in Japan ansässig, insoweit kann man mit gewissen Ungenauigkeiten durchaus ein generelles Bild ableiten.
Liste der Mitglieder
List of Members 2018/2019
Regular Members
Canon Inc.
Panasonic Corporation
CASIO COMPUTER CO., LTD.
Ricoh Company, Ltd.
FUJIFILM Corporation
SEIKO EPSON CORPORATION
HOYA CORPORATION
SIGMA CORPORATION
Kenko Tokina Co., Ltd.
Sony Imaging Products & Solutions Inc.
NIDEC COPAL CORPORATION
Tamron Co., Ltd.
Nikon Corporation
Xacti Corporation
OLYMPUS CORPORATION
A total of 15 companies
Supporting Members
Adobe Systems Incorporated
HUAWEI TECHNOLOGIES JAPAN K.K.
ALPS ELECTRIC CO., LTD.
ImageLink, Inc.
Analog Devices KK
KYORITSU ELECTRIC CO., LTD.
AOI Development Center, Ltd.
Microsoft
Apple, Inc.
Morpho, Inc.
Brother Industries, Ltd.
Nissin Japan Ltd.
Carl Zeiss Co., Ltd.
Panasonic Photo & Lighting Co., Ltd.
COSINA Co., Ltd.
Samsung Electronics Co., Ltd.
Dai Nippon Printing Co., Ltd.
Shibakawa Manufacturing Co., Ltd.
Dolby Japan K.K.
Tessera, Inc.
FUJITSU LABORATORIES LTD.
Toshiba Memory Corporation
Fuji Xerox Co., Ltd.
TSUBOSAKA ELECTRIC CO., LTD.
Special Members
Japan Camera Industry Institute (JCII)
Society for Imaging Science and Technology (IS&T)
The Society of Photography and Imaging of Japan (SPIJ)
1263 Worte - Lesezeit: 6 Minute(n)
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