Nur ein Objektiv?
veröffentlicht am 04.04.2021 in * ALLGEMEINES * FOTOGRAFIEREN * FOTOTECHNIK *
Inhaltsverzeichnis
Ab und an schicke ich mal einige Fotos an einen engen Bekanntenkreis, und kürzlich kam als Reaktion von einem der Empfänger die Rückmeldung:
Man könnte meinen, Du brauchtest eigentlich NUR eine 750er Festbrennweite.
Die Ein-Objektiv-Erzählung
Das erinnerte ich mich daran, was ich schon letztes Jahr an anderer Stelle mal so formuliert hatte:
Da verfolge ich also die Szene der (selbsternannten) Fotogurus im Internet, ob auf youtube oder in Podcasts oder Blogs seit Jahren etwas intensiver. Viele von denen sind offenbar als sog. “Influencer” unterwegs und erzählen dem staunenden Publikum, welch tolle Errungenschaften unbedingt notwendig sind, um überhaupt sinnvoll dem Hobby Fotografie nachgehen zu können.
Und eben diese Leute kommen dann immer mal wieder mit der These um die Ecke, daß es einen nur dann fotografisch weiterbringt, wenn man z. B. mit nur einem Festbrennweiten-Objektiv eine Reise antritt.
Und dann ist oft die Rede von 28mm, 35mm oder bestenfalls noch 50mm Brennweite (Kleinbild).
Hallo? Geht’s noch?
Ich soll also die (teure) Ausrüstung, die ich angeschafft habe, zu Hause lassen um dann nach den Tausenden von Euro, die ich für die Reise bezahlt habe, festzustellen, was alles nicht geht?
Könnte man nicht doch … ?
Test eines Mangelobjektivs
Aber dann kam das 500PF. Im Spätsommer 2019 erreichte mich eines Freitags vormittags der Anruf meines Fotohändlers: Nach 3-monatiger Lieferzeit war mein AF-S Nikkor 500mm 1:5,6E PF ED endlich eingetroffen:
Brauchen Sie’s noch? Ich bin grade dabei, die homöopatischen Stückzahlen, die ich erhalten habe, zu verteilen …
Und so hab ich also meine D500 eingepackt, auf der Fahrt in den Wochenend-Kurzurlaub das Objektiv abgeholt und damit ein bißchen gespielt.
Kamera und ein einziges Objektiv …
Corona
Und dann kam Corona. Keine Reisen mehr. Besuche weiter entfernter Naturschutzgebiete fallen auch aus. Dabei über lange Strecken sonniges und warmes Wetter. Zwangsurlaub in der Firma.
Ich bin also viel draußen, aber für’n “beliebigen Spaziergang” einen Rucksack mit 16 und mehr Kilo rumtragen? Das wollte ich auch nicht. Darum hab ich auf “Gut Glück” eine Kamera mit eben diesem 500er PF in die Tasche gesteckt … für alle Fälle.
Kamera und ein einziges Objektiv …
Ein etwas anderer Blick und viele Möglichkeiten
Ja, jede Brennweite hat ihren speziellen Look. Ich möchte hier anhand einer kleinen Zusammenstellung aus Bildern der letzten beiden Jahre aber v. a. zeigen, wie vielseitig lange Brennweiten eingesetzt werden können.
Die ‘Klassiker’
Objektive mit Brennweiten jenseits der 300mm (auf Kleinbild/Vollformat) werden überwiegend in zwei Bereichen eingesetzt: Sport und Wildlife …
Und so sind die folgenden Motive eigentlich nichts Überraschendes:
- Hallo!
- Lachmöwe im Morgenlicht
- Tiefflieger
Die Kleinen
Das genannte 500PF hat eine relativ große Naheinstellgrenze von 2,8m. Trotzdem sind auch Aufnahmen kleiner Objekte möglich - wirkliches Makro (Abbildungsmaßstab 1:1) aber natürlich nicht …
- Mahlzeit
‘Porträt’
Der Abstand machts …
Niemand sagt, daß ich dem Porträtierten auf den Füßen rumstehen muß … das geht auch aus ein paar Metern Entfernung.
Special Effects?
Tele-Objektive “verdichten” - und Luft ist ein unvollkommenes optisches Medium.
- flirrende Sommerhitze
Siemens Vectron Baureihe 193
Hier wirkt sich das so aus, daß trotz der Länge des Zuges die Wagen kaum kleiner werden, sie also näher wirken, als sie tatsächlich sind. Ebenso wird dadurch das Luftflimmern entsprechend stärker abgebildet … man spürt förmlich die Hitze.
Genau hingeguckt
Es gibt viel Interessantes zu sehen, wenn man seinen Blick etwas fokussiert (nein, hier ist nicht der Tunnelblick gemeint 😉). Lange Brennweiten liefern eine unverzerrte Abbildung - Freistellung inclusive:
- Detail
- landwirtschaftl. Stilleben
Die Großen
Es muß nicht immer so eine Spezial-Optik wie ein Tilt-Shift-Objektiv sein, um etwas größere Motive (meist Bauwerke) ohne stürzende Linien abzubilden:
Details am Wegesrand
Eine lange Brennweite ermöglicht es, Details - oftmals ohne große körperliche “Verrenkungen” - bequem “auf Augenhöhe” abzulichten.
- Naturstein-Denkmal ...
- "Randnotiz"
Fazit
Ich bin nach wie vor der Meinung, daß ich auf längeren Reisen meine komplette Ausrüstung mitnehme - ohne wenn und aber.
Die vergangenen zwei Jahre mit ihren Einschränkungen haben mir aber gezeigt: Vieles geht auch mit nur einem Objektiv. Die Folgefrage ist dann: welches?
Für mich ist klar: wenn ich - wie bei den hiesigen Spaziergängen - wirklich nur ein Objektiv mitnehme … dann sicher lieber ein Tele als ein Weitwinkel … das ist für mich einfach flexibler in den Möglichkeiten - denn mit dem Tele kann man auch “normale Dinge” fotografieren wie oben gezeigt … mit dem Weitwinkel aber keine scheuen Viecher …
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Disclaimer
Ich kaufe mein fotografisches Werkzeug beim Fotohändler meiner Wahl/meines Vertrauens als normaler Kunde. Wenn ich hier über das von mir eingesetzte Material schreibe, dann geht es dabei um die Erfahrungen, die ich in der praktischen Arbeit damit sammle.